Der NEOS-Staatssekretär und sein Feldzug gegen Vorschriften: Deregulierung oder persönliche Abrechnung?
Sepp Schellhorn kämpft gegen Bürokratie – doch ist es Reformgeist oder ein persönlicher Rachefeldzug? Besonders der Fliegengitter-Fall zeigt: Vorschriften haben oft ihre Berechtigung. Ein Vergleich mit McDonald's lässt Zweifel an seiner Sichtweise aufkommen. Ist Deregulierung wirklich immer die Lösung?
Veröffentlicht: 18/03/25
Verfasst von:Daniel

Josef „Sepp“ Schellhorn, Gastronom, Koch und nun Staatssekretär der NEOS, ist bekannt für seinen kämpferischen Einsatz gegen Bürokratie und übermäßige Regulierung. Doch wer seinen Social-Media-Auftritt genau verfolgt, gewinnt den Eindruck, dass es sich weniger um einen sachlichen Kampf für wirtschaftliche Freiheit handelt – sondern vielmehr um eine persönliche Vendetta gegen das, was er als überbordende Schikane empfindet.

Doch wie sinnvoll sind solche Vorschriften wirklich? Und verliert Schellhorn in seinem Kampf gegen die „Bürokratie“ vielleicht aus den Augen, dass viele Regeln einen triftigen Grund haben?

Sepp Schellhorn: Vom Spitzenkoch zum Deregulierungs-Fanatiker?

Schellhorn ist unbestritten ein talentierter Koch, was er in seinen Kochvideos auf Instagram eindrucksvoll zeigt. Doch politisch setzt er sich mit einer fast missionarischen Energie für die Reduzierung staatlicher Auflagen ein. Auf den ersten Blick mag das für viele Unternehmer und Gastronomen attraktiv klingen, denn niemand möchte in einem Fülle aus Vorschriften versinken. Doch wer genauer hinschaut, stellt fest, dass Schellhorns Argumentation oft von persönlichem Unmut über Regelungen geprägt ist, die ihn selbst betreffen.

Das Fliegengitter-Dilemma: Sinnvolle Vorschrift oder bürokratischer Unsinn?

Besonders in Erinnerung geblieben ist eine Episode aus seinen Social-Media-Posts: Sepp Schellhorn empörte sich darüber, dass ihm in seiner Gastro-Küche vorgeschrieben wurde, ein Fliegengitter am Fenster anzubringen – obwohl er über eine Be- und Entlüftungsanlage verfügt und das Fenster ohnehin nicht öffne. Doch was passiert, wenn die Anlage ausfällt? Plötzlich wäre das Fenster der einzige Weg zur Frischluftzufuhr (in einer heißen Küche), und ohne Schutz könnten Fliegen oder, da ja gerade eine Plage herrscht, Stinkwanzen in die Küche gelangen.

Hier zeigt sich ein typischer Konflikt: Was für einen einzelnen Unternehmer als unnötige Vorschrift erscheint, kann in der Praxis eine essenzielle Sicherheitsmaßnahme sein. Hygienevorschriften in der Gastronomie sind nicht willkürlich, sondern schützen die Gesundheit der Gäste. Zudem vergleicht sich Schellhorn in dem Video mit McDonald’s, obwohl er sich selbst als Top-Gastronom versteht – ein Vergleich, der den Vogel komplett abschießt und nicht nur ihn, sondern die gesamte nicht System-Gastronomie massiv abwertet.

Deregulierung um jeden Preis? Die Risiken eines radikalen Ansatzes

Deregulierung ist ein Kernthema liberaler Politik, und es gibt viele sinnvolle Ansätze, um Unternehmen zu entlasten. Doch wo endet sinnvolle Entbürokratisierung, und wo beginnt die Gefährdung von Konsument:innen, Arbeitnehmer:innen und der öffentlichen Gesundheit? Schellhorns Forderungen nach weniger staatlicher Einmischung sind nicht neu. Deregulierung kann in manchen Bereichen sinnvoll sein, wenn bürokratische Hürden unnötig hoch sind. Doch eine pauschale Ablehnung von Vorschriften birgt Gefahren:

  • Hygiene- und Sicherheitsstandards: Gerade im Lebensmittel- und Gastgewerbe sind diese essenziell.
  • Verbraucherschutz: Viele Regeln existieren, um Gäste und Kunden vor gesundheitlichen Risiken zu bewahren.
  • Fairer Wettbewerb: Ohne einheitliche Vorschriften könnten sich schwarze Schafe durchsetzen, die an Hygiene und Sicherheit sparen.

Die Doppelmoral politischer Agenden

Es lässt sich nicht leugnen, dass Deregulierung in vielen Bereichen sinnvoll sein kann. Weniger Bürokratie und mehr unternehmerische Freiheit sind Ziele, die auch von Experten oft diskutiert werden. Doch wenn politische Forderungen in einen persönlich anmutenden Rachefeldzug ausarten zu scheinen, droht die eigentliche Botschaft zu verblassen. Schellhorns leidenschaftliche Reaktion auf die Fliegengitter-Vorschrift, Papiertuchspender-Positonierung, Beschriftungen, und so weiter, wirft die Frage auf: Ist es wirklich der Sinn der Deregulierung, sich auf der Basis einzelner, vielleicht teils übertriebener Beispiele zu mobilisieren?

Hier zeigt sich eine gewisse Doppelmoral: Auf der einen Seite betont er die Notwendigkeit von Reformen, auf der anderen Seite inszeniert er persönliche Empörung – fast so, als sei jeder Eingriff, der nicht zu seinem persönlichen Vorteil sei, eine Schikane. Diese Haltung kann dazu führen, dass wichtige Diskussionen über sinnvolle Regulierungen und deren Hintergründe in den Hintergrund rücken.

Braucht es Reformen oder mehr Sachlichkeit?

Ja, Bürokratieabbau ist ein wichtiges Thema. Ja, manche Vorschriften könnten vereinfacht werden. Aber politische Verantwortung bedeutet auch, über den eigenen Tellerrand hinauszusehen und zu erkennen, dass Regulierung nicht per se schlecht ist. Wenn Sepp Schellhorn sich wirklich als Reformator sehen möchte, sollte er nicht nur die Vorschriften hinterfragen, die ihn persönlich stören – sondern eine objektive Analyse vornehmen und Lösungen für alle Branchen und Wirtschaftszweige finden. Nur dann wird aus seinem Kampf gegen die Bürokratie eine echte Reform und nicht bloß ein persönlicher Rachefeldzug.

Sepp Schellhorn mag aus Sicht vieler Unternehmer und Gastronomen berechtigte Kritik an bürokratischen Hürden äußern. Doch seine extrem emotional geprägte Herangehensweise wirkt oft mehr wie ein persönlicher Kreuzzug gegen Regelungen, die ihn selbst betreffen, als eine differenzierte politische Agenda. Es gibt sicher Vorschriften, die vereinfacht oder abgeschafft werden können, aber viele haben einen sinnvollen Hintergrund. In der Gastronomie stehen Hygiene und Verbraucherschutz an erster Stelle – und sollten nicht leichtfertig dem Wunsch nach weniger Bürokratie geopfert werden.

Daniel

Daniel, ein 80er-Jahrgang mit 90er-Jahre-Vibes aus dem Burgenland, hatte schon als Kind mehr Ideen, als die Tapeten Platz boten. Technologie fand er cooler als jedes Tamagotchi. Sein Plan: Die Welt ein bisschen bunter machen und dabei nicht auf zu viele Regeln achten.

verfasst von: <a href="https://offen-gesprochen.at/author/og_admin" target="_self">Daniel</a>

verfasst von: Daniel

veröffentlicht am: 18. März 2025

Daniel, ein 80er-Jahrgang mit 90er-Jahre-Vibes aus dem Burgenland, hatte schon als Kind mehr Ideen, als die Tapeten Platz boten. Technologie fand er cooler als jedes Tamagotchi. Sein Plan: Die Welt ein bisschen bunter machen und dabei nicht auf zu viele Regeln achten.

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Kommentare

1 Kommentar

  1. KarlGD

    5 stars
    Irgendwie wirkt es so, aber warten wir mal ab!

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