Wir hören es fast täglich: Die Preise steigen, das Leben wird teurer, und am Monatsende bleibt oft kaum noch Geld übrig. Gleichzeitig aber boomt in Österreich die Ballsaison mit Rekordumsätzen, Luxusgüter verkaufen sich weiterhin blendend, und Einkaufsstraßen und Shoppingcenter sind voller Menschen, die ihrem Konsumverhalten nachgehen. Wie passt das zusammen? Leben wir wirklich in einer Zeit, in der sich „niemand mehr etwas leisten kann“, oder haben wir schlichtweg verlernt, mit Geld umzugehen?
Zwischen gefühlter Armut und realem Wohlstand
Einerseits gibt es unbestreitbare Tatsachen: Die Inflation hat in den letzten Jahren stark zugelegt, Energiekosten, Mieten und Lebensmittelpreise sind gestiegen. Viele Menschen geben an, dass sie sich früher mehr leisten konnten und nun finanziell kämpfen.
Andererseits jedoch sprechen die Zahlen eine andere Sprache: Die Ballsaison 2025 war eine der umsatzstärksten aller Zeiten. Laut Wirtschaftskammer Österreich wurden Rekordeinnahmen verzeichnet. Ebenso meldet der Handel, dass Luxusgüter wie Designerhandtaschen, Uhren und teure Elektronik sich weiterhin gut verkaufen.
Wie lässt sich dieses scheinbare Paradoxon erklären?
Haben wir das Sparen verlernt?
In den letzten Jahrzehnten haben sich viele Menschen an einen gewissen Wohlstand gewöhnt. Man konnte sich regelmäßig Restaurantbesuche, Urlaubsreisen und Markenprodukte leisten, oft ohne lange darüber nachzudenken. Diese „fetten Jahre“ haben womöglich dazu geführt, dass finanzielle Disziplin und Sparsamkeit in den Hintergrund gerückt sind. Auch die Pandemie spielt hier nachwirkend eine große Rolle. Während der Pandemie sparten viele Geld durch Einschränkungen, und der Online-Konsum boomte – oft für Unnötiges. Doch die Zeiten haben sich geändert: Wer nach der Krise sein Budget nicht anpasst, riskiert finanzielle Engpässe. Haben wir verlernt, mit Geld umzugehen?
Früher war es selbstverständlich, dass man sich bewusst einteilte, wofür man sein Geld ausgab. Viele unserer Eltern und Großeltern hatten feste Budgets, legten Geld für Notzeiten beiseite und kauften nichts, das sie sich nicht wirklich leisten konnten. Heute hingegen ist es einfacher denn je, mit Kreditkarten und Ratenzahlungen Dinge zu kaufen, die man sich eigentlich nicht leisten kann.
Der Einfluss der sozialen Medien und der Konsumgesellschaft
Ein weiterer Faktor ist der gesellschaftliche Druck, den viele spüren. Soziale Medien zeigen uns tagtäglich ein scheinbar perfektes Leben voller Luxus, Reisen und teurer Erlebnisse. Diese Inszenierung kann dazu führen, dass Menschen sich dazu verleiten lassen, über ihre Verhältnisse zu leben. Früher war Sparen eine Tugend, heute gilt es oft als „altmodisch“ oder wird gar belächelt.
Immobilienpreise auf Allzeithoch – doch niemand kann sich das Wohnen leisten?
Ein weiteres scheinbares Paradoxon: Die Immobilienpreise in Österreich sind auf einem historischen Höchststand, während gleichzeitig viele Menschen angeben, dass sie sich das Wohnen kaum noch leisten können. Wie passt das zusammen? Einerseits führt die hohe Nachfrage nach Wohnraum, insbesondere in Städten, zu steigenden Preisen. Andererseits bleiben Löhne oft hinter der Inflation zurück, was den Erwerb von Eigentum für viele unmöglich macht. Hinzu kommt, dass Investoren und wohlhabende Käufer weiterhin in den Markt drängen, während Durchschnittsverdiener kaum Chancen haben, bezahlbaren Wohnraum zu finden. Hier stellt sich die Frage, ob politische Maßnahmen und ein Umdenken in der Wohnraumpolitik nötig sind, um diese Entwicklung zu stoppen.
Lebensmittelbranche boomt trotz Inflation – warum kaufen wir weiter teuer ein?
Ein weiteres bemerkenswertes Phänomen ist der anhaltende Boom der Lebensmittelbranche. Obwohl die Inflation beim Einkaufen täglich spürbar ist, scheinen die Menschen ihr Konsumverhalten kaum anzupassen. Man könnte erwarten, dass die steigenden Preise dazu führen, dass Verbraucher weniger oder zumindest preisbewusster einkaufen. Doch das Gegenteil ist der Fall: Die Regale der Supermärkte leeren sich weiterhin schnell, und trotz der hohen Preise greifen viele Menschen unverändert zu teuren Markenprodukten. Selbst gut gefüllte Einkaufswägen und hohe Endbeträge an der Kasse scheinen kaum jemanden abzuschrecken. Dies deutet darauf hin, dass der Konsum selbst in wirtschaftlich angespannten Zeiten für viele eine Art Gewohnheit oder gar Luxus darstellt, auf den sie nicht verzichten wollen oder können. Eines der besten Beispiele ist die Dubai Schokolade. Menschen geben dafür Unmengen an Geld aus, auf Handelsplattformen waren esteils sogar € 100 pro Tafel. Und dann findet man im Einkaufswagen neben der überteuerten Dubai Schokolade die Diskont-Cola.
Brauchen wir ein neues Bewusstsein für den Umgang mit Geld?
Vielleicht ist es an der Zeit, dass wir unser Konsumverhalten kritisch hinterfragen und wieder lernen, mit Geld bewusster umzugehen. Hier einige Anregungen:
- Budgetplanung: Monatliche Einnahmen und Ausgaben auflisten, um einen Überblick zu haben.
- Notfallrücklagen bilden: Mindestens drei Monatsgehälter als Reserve ansparen.
- Konsum bewusst steuern: Brauche ich das wirklich oder ist es nur ein Impulskauf?
- Vergleichendes Einkaufen: Preise vergleichen und gezielt nach Angeboten suchen.
- Verzicht als Chance sehen: Nicht alles, was man sich leisten kann, muss man auch kaufen.
Einfache Spartipps für den Alltag
Wer bewusster mit seinem Geld umgehen möchte, kann mit kleinen Veränderungen bereits viel erreichen. Hier einige einfache Spartipps:
- Einkaufslisten schreiben: Wer mit einer Liste einkauft, vermeidet unnötige Spontankäufe.
- Eigenmarken statt teure Markenprodukte: Viele Discounter-Produkte sind qualitativ genauso gut wie teure Marken.
- Großeinkäufe planen: Wer seltener einkaufen geht, spart nicht nur Zeit, sondern vermeidet auch unnötige Käufe.
- Energie sparen: Elektrogeräte nicht im Standby-Modus lassen, LEDs nutzen und kürzer duschen spart langfristig Geld.
- Abonnements überprüfen: Viele zahlen für Streamingdienste oder Mitgliedschaften, die sie kaum nutzen.
- Selber kochen statt auswärts essen: Selbstgemachtes Essen ist günstiger und oft gesünder als Restaurantbesuche oder Lieferdienste.
Fazit: Jammern wir zu viel?
Ja und nein. Es gibt berechtigte Sorgen um steigende Kosten, insbesondere für Geringverdiener. Gleichzeitig zeigt sich aber, dass viele Menschen weiterhin viel Geld ausgeben – oft für Dinge, die nicht unbedingt lebensnotwendig sind. Anstatt nur zu klagen, könnte es sinnvoll sein, wieder mehr finanzielle Disziplin zu entwickeln und sich bewusst zu machen, dass Wohlstand nicht allein durch hohen Konsum definiert wird. Vielleicht ist gerade jetzt der richtige Moment, das Sparen als wertvolle Fähigkeit wiederzuentdecken.
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