Wenn die FPÖ nach einem Verbot des „politischen Islam“ ruft, könnte man meinen, dass sie eine glasklare Unterscheidung zwischen Religion und politischer Ideologie trifft. Doch die Realität sieht anders aus: Viele, die diesem Ruf folgen, wissen nicht einmal, worin der Unterschied zwischen Islam und politischem Islam besteht. Und genau das macht die Debatte so gefährlich.
Was ist der Islam?
Der Islam ist eine der großen Weltreligionen mit rund zwei Milliarden Anhängern. Er basiert auf dem Koran, dem Propheten Mohammed und einer Vielzahl religiöser Traditionen. Wie im Christentum gibt es auch im Islam verschiedene Strömungen, Auslegungen und Praktiken. Die meisten Muslime leben ihren Glauben individuell und friedlich, ohne dass dieser irgendeinen politischen Anspruch erhebt. Für sie ist der Islam eine persönliche spirituelle Orientierung – vergleichbar mit Christen, die sonntags in die Kirche gehen oder Juden, die den Sabbat einhalten.
Islam bedeutet für viele Gläubige schlicht: beten, fasten, spenden, in die Moschee gehen und eine moralische Lebensweise pflegen. Ein Muslim kann, so wie ein Christ oder Jude, völlig unpolitisch sein und dennoch tiefgläubig.
Was ist politischer Islam?
Der Begriff politischer Islam beschreibt eine ideologische Strömung, die den Islam nicht nur als persönliche Glaubensüberzeugung, sondern als Grundlage für politische und gesellschaftliche Strukturen betrachtet. Anhänger des politischen Islam wollen, dass religiöse Gebote über staatliche Gesetze gestellt werden. Sie streben an, das politische System und die Gesellschaft nach islamischen Regeln zu gestalten – oft mit dem Ziel, eine Theokratie zu errichten.
Das Spektrum des politischen Islam reicht von gemäßigten Bewegungen, die in demokratischen Prozessen agieren (z. B. Muslimbruderschaft), bis hin zu extremistischen Gruppen, die Gewalt einsetzen (z. B. IS oder Al-Qaida). Doch nicht jeder, der sich politisch als Muslim äußert, ist automatisch ein Islamist.
Warum die FPÖ mit ihrer Forderung für Verwirrung sorgt
Wenn die FPÖ ein Verbot des politischen Islam fordert, bleibt oft unklar, was genau damit gemeint ist. Das liegt nicht daran, dass es keinen Unterschied zwischen Islam und politischem Islam gibt, sondern daran, dass dieser Unterschied bewusst oder unbewusst verwischt wird.
Für viele FPÖ-Wähler klingt „politischer Islam“ einfach nach „Islam“. Die Partei bedient diese Verwirrung und spielt mit der Angst vor einer angeblichen „Islamisierung“. Das Problem: Ein Verbot des politischen Islam ist sinnvoll, wenn es sich gegen extremistische und verfassungsfeindliche Gruppen richtet. Aber wenn darunter bloß der Islam als Religion verstanden wird, dann ist das nicht nur Unsinn, sondern verfassungswidrig.
Ein ehrlicher Umgang mit dem Thema ist notwendig
Natürlich gibt es problematische Strömungen des politischen Islam, die bekämpft werden müssen – aber das ist bereits durch Gesetze gegen Extremismus, Terrorismus und verfassungsfeindliche Organisationen abgedeckt. Ein pauschales „Verbot des politischen Islam“, ohne eine klare Definition, öffnet Tür und Tor für willkürliche Maßnahmen gegen völlig unpolitische Muslime.
Es ist daher wichtig, zwischen Islam und politischem Islam zu unterscheiden und nicht die gesamte Religion unter Generalverdacht zu stellen. Wer das nicht versteht, fällt auf populistische Hetze herein oder will bewusst Ressentiments gegen Muslime schüren.
Fazit
Der Islam ist eine Religion. Der politische Islam ist eine ideologische Strömung mit politischem Machtanspruch. Die rechten Parteien spielen gezielt mit der Unwissenheit vieler ihrer Wähler, indem sie diese Begriffe vermischen, um eine Debatte zu entfachen, die eher auf Angst als auf Fakten basiert. Wer ernsthaft eine sachliche Auseinandersetzung mit Extremismus führen möchte, sollte sich zunächst mit den Begriffen auseinandersetzen und sich nicht von einfachen Slogans täuschen lassen. Für die rechten Parteien ist der Unterschied zwischen Religion und politischem Islam offenbar irrelevant, da deren Ziel es zu sein scheint, jede andere Religion außer dem „gutbürgerlichen“ Christentum zu verbannen und zu unterdrücken.
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